«Die NAF-Abstimmung müssen wir unbedingt gewinnen»

Interview mit Urs Wernli

«Die NAF-Abstimmung müssen wir unbedingt gewinnen»

30. November 2016 agvs-upsa.ch - Nach der Milchkuh ist vor dem NAF. Zum zweiten Mal innert acht Monaten muss das Schweizer Stimmvolk einen Grundsatz-Entscheid zur Finanzierung der Strasseninfrastruktur fällen. Es geht um viel, sagt AGVS-Präsident Urs Wernli.
 
Herr Wernli, am 12. Februar stimmen wir über den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds ab.
Warum ist der NAF so wichtig?

Urs Wernli: Es geht um nichts weniger als die Zukunft unserer Verkehrsinfrastruktur. Der Verkehr auf unseren Nationalstrassen hat sich seit 1990 verdoppelt. Pro Jahr stehen wir allein auf Schweizer Autobahnen mehr als 20 000 Stunden im Stau – und zwar nicht nur als Ausflügler und Ferienreisende am Gotthard, sondern betroffen sind Handwerker, Spediteure, Manager… Für viele KMU ist es verheerend, wenn ihre Mitarbeitenden ständig im Verkehr blockiert sind. Staus sind nicht nur nervig, sondern auch teuer: Der volkswirtschaftliche Schaden durch diese Staus beträgt rund 1,6 Milliarden Franken!

Erst vor einem halben Jahr haben wir über die Initiative für eine faire Verkehrsfinanzierung, die sogenannte Milchkuh-Initiative, abgestimmt, jetzt kommt der NAF. Das sieht nach einer Zwängerei aus.
Ist es nicht, im Gegenteil! Dass die Milchkuh-Initiative und der NAF so nah aufeinander folgen, zeigt vor allem die Dringlichkeit des Problems. Ausserdem ist die NAF-Vorlage die Antwort des Bundesrats auf die Milchkuh-Initiative. Wir müssen die Finanzierung unserer Infrastruktur auf eine neue Basis stellen. Mehr Verkehr bedeutet nicht nur mehr Stau, es bedeutet auch eine grössere Belastung für die Strassen und folglich einen höheren Investitionsbedarf für die Instandhaltung und Sanierung. Und dort, wo der Problemdruck am grössten ist, sollen die Kapazitäten auch erweitert werden dürfen.

Linke und grüne Politiker sprechen von einem «Raubzug auf die Bundeskasse»…
Dem widerspreche ich vehement. Der NAF ist eine sehr ausgewogene Vorlage, welche die Planungs- und Realisierungssicherheit im Nationalstrassenbau erhöht und mehr Transparenz bringt. Und der NAF stellt sicher, dass in Zukunft genügend Geld in Betrieb, Unterhalt und Ausbau der Nationalstrassen sowie in den Agglomerationsverkehr investiert werden kann. Von einem Raubzug kann nicht die Rede sein.

Welche Argumente setzen Sie dagegen?
Nochmal: Der NAF ist ausgewogen und er wird praktisch ausschliesslich von den Automobilistinnen und Automobilisten bezahlt. Der Mineralölsteuerzuschlag soll moderat um 4 Rappen pro Liter erhöht werden. Zusätzlich soll die Automobilsteuer zweckgebunden für Strassenbelange eingesetzt werden; bis heute fliesst diese Steuer in den allgemeinen Bundeshaushalt.

Noch 2014 war von einer Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlages um 12 bis 15 Rappen die Rede. Warum jetzt nur noch 4 Rappen?
Im Februar 2014 zeigte der Bundesrat auf, wie eine Erhöhung ausfallen müsste, um die Finanzierungslücke auf sehr lange Frist zu schliessen und die Finanzierung aller geplanten Projekte sicherzustellen. Prognosen sind eine schwierige Sache – vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen, soll schon Mark Twain gespottet haben. Daran hat sich der Bundesrat nun erinnert. Er will kein Geld auf Vorrat beschaffen und setzt auf ein schrittweises Vorgehen. Darum diese 4 Rappen. Und wir dürfen eines nicht vergessen: Der Mineralölsteuer­zuschlag ist seit 1974 gleich, die Mineralölsteuer seit 1993. Ich denke, hier gibt es sicher etwas Spielraum.

Riskieren wir im Abstimmungskampf wie bei der Milchkuh-Initiative wieder einer Allianz aus links und grün zu unterliegen?
Ich hoffe nicht. Die Milchkuh-Initiative wurde in ländlichen Regionen und Randgebieten abgelehnt, weil man dort Einsparungen befürchtete. Dieses Szenario sollte beim NAF nicht eintreffen.

Warum nicht?
400 Kilometer Kantonsstrassen werden ins Nationalstrassennetz aufgenommen. Das entlastet die Kantone finanziell. Verkehrsgeplagte Dörfer entlang wichtiger Routen werden davon profitieren, gerade in ländlichen Regionen und im Berggebiet. In den Agglomerationen werden auch Tram- und Busprojekte mitfinanziert, Entlastungsstrassen und der Langsamverkehr. Ich wehre mich dagegen, einen Widerspruch zwischen Strasse und Schiene zu konstruieren, es braucht beide Verkehrsträger. Vom NAF haben alle etwas. Und genau darum müssen wir diese Abstimmung gewinnen.
 

Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds - darum geht es

Analog zum heute bereits bestehenden Verfassungsartikel FABI (Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur) mit einem unbefristeten Fonds für den öffentlichen Verkehr soll auch für die Finanzierung des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs ein unbefristeter Fonds geschaffen werden, eben dieser NAF (Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds).

Finanziert wird der NAF aus der Automobilsteuer, dem Mineralölsteuerzuschlag, 10 Prozent der Mineralölsteuer, den Einnahmen aus der Autobahnvignette sowie ab 2020 aus einer Abgabe auf Elektroautos. Zudem soll der Mineralölsteuerzuschlag um 4 Rappen pro Liter erhöht werden. Ausserdem beteiligen sich die Kantone mit gut 60 Millionen Franken pro Jahr an der NAF-Finanzierung.

Nachdem die Milchkuh-Initiative in der Abstimmung vom 5. Juni 2016 abgelehnt wurde, folgt der Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds als zweite Chance. Da es sich beim NAF um einen Verfassungsartikel handelt, ist er Volk und Ständen zur Abstimmung vorzulegen. Die eidgenössische Abstimmung ist auf den 12. Februar 2017 angesetzt. Der NAF hat den Vorteil, dass er Nachhaltigkeit und Planungssicherheit ermöglicht. Mit dem Einbezug des Netzbeschlusses 2012 sowie dem Konzept für das Strategische Entwicklungsprogramm (STEP) Nationalstrasse besteht die Aussicht, dass der Planungs- und Investitionsstau bei der Engpassbeseitigung endlich behoben werden kann.

Dabei muss man sich bewusst sein, dass noch grosse Bau- und Ausbauvorhaben auf der Strasse zu erledigen sind, die zusammen mit dem stetig steigenden Unterhalt enorme Mittel beanspruchen. Es ist daher anzunehmen, dass früher oder später weitere Steuererhöhungen folgen werden. Zu denken ist beispielsweise an die E-Vignette, die sicher kommt und Autofahren teurer macht, oder an eine weitere Heraufsetzung der Treibstoffpreise.

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